BGH v. 14.6.2019 – V ZR 254/17
WEG: Kein Kostenersatz für irrtümlich eigenmächtige Instandsetzung der Fenster
Ein Wohnungseigentümer, der die Fenster seiner Wohnung in der irrigen Annahme erneuert hat, dies sei seine Aufgabe und nicht gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer, hat keinen Anspruch auf Kostenersatz. Dem betroffenen Wohnungseigentümer ist es zumutbar, in jedem Fall das durch das WEG vorgegebene Verfahren einzuhalten. Er kann einen Beschluss der Wohnungseigentümer über die Durchführung der erforderlichen Maßnahme herbeiführen.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die
Wohnanlage besteht aus 212 Wohnungen. Der Kläger ließ im Jahr 2005 in seiner
Wohnung die einfach verglasten Holzfenster aus dem Jahr 1972 durch Kunststofffenster
mit Dreifachisolierglas ersetzen. Bereits zuvor hatten viele Wohnungseigentümer
ihre Wohnungen mit modernen Kunststofffenstern ausgestattet. Die
Wohnungseigentümer gingen bis zur Veröffentlichung der BGH-Entscheidung vom
2.3.2012, V ZR 174/11 zu einer vergleichbaren Regelung in einer
Teilungserklärung nämlich irrtümlich davon aus, dass jeder Wohnungseigentümer
die notwendige Erneuerung der Fenster seiner Wohnung auf eigene Kosten
vornehmen lassen müsse. Tatsächlich ist dies aber gemeinschaftliche Aufgabe der
Wohnungseigentümer.
Der Kläger nahm dennoch die Beklagten auf Kostenersatz .H.v. 5.500 € in
Anspruch. Das AG hat die Klage abgewiesen. Berufung und Revision des Klägers
blieben ebenfalls erfolglos.
Gründe:
Ein Erstattungsanspruch käme nur aus allgemeinen Vorschriften der
Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 687 Abs. 1 BGB oder des
Bereicherungsrechts gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Diese
Vorschriften können aber als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch nicht
herangezogen werden, weil das WEG in § 21 Abs. 4 und 5 spezielle und damit
vorrangige Regelungen über die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums
enthält.
Infolgedessen haben die Wohnungseigentümer über etwaige
Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden. Die Regelungen des WEG haben – von den
Fällen der Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG einmal abgesehen – auch
dann Vorrang, wenn die Maßnahme zwingend vorgenommen werden musste. Denn auch
bei zwingend notwendigen Maßnahmen bleibt den Wohnungseigentümern regelmäßig ein
Gestaltungsspielraum. Es ist insbesondere ihre Sache zu entscheiden, ob sie die
Maßnahme isoliert oder zusammen mit anderen Arbeiten durchführen und welche
Handwerker sie beauftragen. Deshalb müssen die Wohnungseigentümer auch über
eine zwingend gebotene und keinen Aufschub duldende Instandsetzungs- oder
Instandhaltungsmaßnahme einen Beschluss fassen.
Dem betroffenen Wohnungseigentümer ist es zumutbar, in jedem Fall das durch das
WEG vorgegebene Verfahren einzuhalten. Er kann einen Beschluss der Wohnungseigentümer
über die Durchführung der erforderlichen Maßnahme herbeiführen. Findet der
Antrag in der Wohnungseigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit
kann er die Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG erheben. Auch kommt
der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht.
Und auch wenn der Wohnungseigentümer eine Maßnahme zur Instandsetzung oder
Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in der irrigen Annahme durchführt, er
habe diese als Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen, besteht kein
Ersatzanspruch. Denn ein Ausgleich nach der Geschäftsführung ohne Auftrag oder
des Bereicherungsrechtes liefe den schutzwürdigen Interessen der anderen
Wohnungseigentümer zuwider. Zwar müssen Wohnungseigentümer stets damit rechnen,
dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums zu unvorhersehbaren Ausgaben
kommt, für die sie einzustehen haben. Sie müssen ihre private Finanzplanung
aber nicht darauf einrichten, dass sie im Nachhinein für abgeschlossene
Maßnahmen aus der Vergangenheit, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten,
herangezogen werden.
Linkhinweise:
Quelle: BGH PM Nr. 80 vom 14.6.2019