Rachelärm & fristlose Kündigung

AG München v. 18.1.2019 – 417 C 12146/18

Rachelärm rechtfertigt fristlose Kündigung

Absichtliche Lärmattacken eines Mieters, mit denen dieser auf subjektiv empfundene Störungen durch Mitmieter antwortet, muss der Vermieter nicht hinnehmen.

Der Sachverhalt:
Das beklagte Ehepaar bewohnt mit seinen zwei Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter eine in den oberen Stockwerken gelegene Zwei-Zimmer-Mietwohnung im Mehrfamilienkomplex der klagenden Vermieterfirma. Die Klägerin trägt vor, dass sie die Familie im Februar 2018 wegen Lärms, insbesondere durch Schlagen eines Gegenstandes auf den Boden, täglich zwischen 7 und 2 Uhr, abgemahnt habe. Nach kurzer Besserung habe die Familie von März bis Mai 2018 wieder in 28 zeitlich genau bezeichneten Fällen, jeweils zwischen 13.20 und 6.10 Uhr bis zu viermal pro Nacht durch lautes Knallen mit Bodenvibrationen unzumutbare Belästigungen für ihre Nachbarn verursacht. In dem mehrstöckigen Mietshaus sei es bis zum Einzug der Beklagten ruhig gewesen. Schon kurz nach dem Einzug hätten sich die Nachbarn zu beschweren begonnen. Die Polizei habe mehrmals gerufen werden müssen.

Die Beklagten bestreiten, für die Ruhestörungen verantwortlich zu sein und beschuldigen umgekehrt drei andere Nachbarfamilien. Das AG vernahm sieben Nachbarn und einen Mitarbeiter der Hausverwaltung. Ein taubstummer Nachbar erklärte via Dolmetscher, seit dem Einzug der Familie bis dahin unbekannte Vibrationen verspürt zu haben, wegen derer er sich schließlich bei der Hausverwaltung beschwert habe. Der unter den Beklagten wohnende Nachbar beschrieb ein Geräusch, wie wenn jemand Hanteln auf den Boden fallen lassen würde.

Der als Sozialarbeiter für die Klägerin tätige Zeuge gab an, schon in der früheren Wohnung bei einem Hausbesuch der damals unter den Beklagten wohnenden Familie miterlebt zu haben, dass Laufgeräusche der zweijährigen Tochter umgehend von der Wohnung der Beklagten aus mit einem solchen Knallgeräusch beantwortet worden seien. Andere Nachbarn hätten damals angegeben, dass die Knallgeräusche auch durch Toilettenspülung oder nächtliches Baden oder Duschen ausgelöst worden seien. Nach dem Auszug der Beklagten aus dem vorherigen Wohnanwesen sei es dort zu keinerlei Beschwerden über entsprechende Knallgeräusche mehr gekommen.

Das AG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagten, die Wohnung zu räumen und an die klagende Vermieterfirma herauszugeben. Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig.

Die Gründe:
Die durch die Klagepartei am 28.5.2019 erklärte fristlose Kündigung ist rechtens.

Nach den Angaben der vernommenen Zeugen ist das AG davon überzeugt, dass die lauten Knallgeräusche durch die Beklagten absichtlich verursacht werden, vermutlich als Reaktion auf anderweitige durch die Beklagten als zu laut empfundene Geräusche aus anderen Wohnungen. Dieses Bild wird letztlich dadurch abgerundet, dass bereits in dem vorherigen Wohnanwesen der Beklagten durch Nachbarn Beschwerden über ähnliche Knallgeräusche geführt wurden, die nach dem Auszug der Beklagten beendet waren. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Geräusche auch in den späten Abend- und Nachtstunden verursacht werden und insoweit erhebliche Auswirkungen auf den Hausfrieden zeitigen.

Die Fortsetzung des Mietvertragsverhältnisses für die Klägerin ist aufgrund der nachhaltigen Störung des Hausfriedens unzumutbar. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Kündigung des Mietverhältnisses einen schweren Eingriff in den persönlichen Lebensbereich der Beklagten darstellt, welche als Familie mit zwei kleinen Kindern zudem besonders von dem Verlust der Wohnung getroffen werden. Andererseits ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits in einem früheren Räumungsprozess, der u.a. wegen gleichgelagerter Beschwerden von Nachbarn geführt wurde, den Beklagten den Bezug der hiesigen Wohnung ermöglicht hat. Bereits kurz nach dem Einzug kam es zu massiven Lärmbelästigungen durch die Beklagten, was vermuten lässt, dass die Beklagten sich durch das Ergebnis des Räumungsvergleichs möglicherweise in ihrem Verhalten bestärkt gesehen haben.

Quelle: AG München PM Nr. 59 vom 26.7.2019