BGH 22.2.2012, VIII ZR 205/11
Zur Auswahl von Farbwahlklauseln
Auch wenn der Mieter die Wohnung bei Mietbeginn mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hat, benachteiligt ihn eine Farbwahlklausel nur dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht. Zudem muss die Klausel dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lassen.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war von Juli 2005 bis September 2008 Mieterin einer Wohnung des Beklagten. Im Mietvertrag sind die Schönheitsreparaturen formularmäßig auf die Klägerin abgewälzt; außerdem ist eine Quotenabgeltungsklausel vereinbart. Zur Ausführung der Schönheitsreparaturen heißt es in § 13 Ziffer 3 des Mietvertrags:
„Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit – handwerksgerecht – ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der Anstrich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach TAKT, zu erfolgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Genehmigung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten.“
Die Klägerin führte am Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen an den Decken und Wänden der Wohnräume durch. Im Hinblick auf die vereinbarte Quotenabgeltungsklausel behielt der Beklagte für anteilige Kosten der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Heizkörper, Innentüren, Keller sowie des Loggiabodens aus der Kaution einen Betrag i.H.v. 650 € ein. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Schönheitsreparaturklauseln wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam seien und ihr die Kaution deshalb ungekürzt auszuzahlen sei; für die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen schulde der Beklagte Wertersatz i.H.v. 1.037 €.
Das AG gab der auf Zahlung von 1.687 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage unter Abweisung im Übrigen i.H.v. 163 € nebst Zinsen statt. Das LG gab der Klage i.H.v. 261 € nebst Zinsen statt. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Die Schönheitsreparaturen sind im Hinblick auf die vom Beklagten verwendete (unzulässige) Farbwahlklausel nicht wirksam auf die Klägerin übertragen, so dass dem Beklagten anteilige Schönheitsreparaturkosten nicht zustehen und ein Anspruch der Klägerin auf Wertersatz für die am Vertragsende teilweise ausgeführten Schönheitsreparaturen nicht mit der vom LG gegebenen Begründung verneint werden kann.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Die hier vereinbarte Farbwahlklausel wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht. Sie gibt dem Mieter – auch für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit – einen weißen Anstrich von Decken und Wänden vor und schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters dadurch in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.
Unbeachtlich ist, ob die Regelung in § 13 Ziffer 3 S. 2, der für die bei Vertragsende auszuführenden Arbeiten die ursprüngliche Ausführungsart vorgibt, so ausgelegt werden kann, dass auch die Verpflichtung, den Anstrich von Decken und Wänden weiß auszuführen, nur für bei Vertragsende durchzuführende Dekorationsarbeiten gilt. Denn eine Auslegung der Klausel dahin, dass die Farbvorgabe „weiß“ – ebenso wie die in § 13 Ziffer 3 S. 1 geregelte Vorgabe einer handwerksgerechten Qualität der auszuführenden Arbeit – auch für die während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen gilt, ist zumindest möglich und deshalb nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) zugrunde zu legen.
Für die Beurteilung der Farbwahlklausel spielt es auch keine Rolle, dass die Klägerin die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hatte. Das berechtigte Interesse des Vermieters beschränkt sich darauf, die Wohnung am Ende der Mietzeit in einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Interessenten akzeptiert wird und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht. Diesem Interesse kann der Vermieter jedoch mit einer Klausel Rechnung tragen, die nur für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Rechtsfolge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen ist die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.
Quelle: BGH online