BGH 18.5.2011, VIII ZR 240/10
Zur Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnung trotz formeller Mängel bei einzelnen Kostenpositionen
Die (vertragswidrige) Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt oder für die eine Pauschale vereinbart ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnung aus formellen Gründen. Das Gleiche gilt für in der Abrechnung zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen oder den Ansatz von Soll- statt Ist-Vorauszahlungen.
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Nachforderung des Klägers aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005. Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung des Klägers. Der Mietvertrag von August 1995 sieht für Betriebskosten eine mtl. Pauschale von 40 DM (20,45 €) und für Heiz- und Warmwasserkosten mtl. Vorauszahlungen von 100 DM (51,13 €) vor. Der Kläger fordert für das Abrechnungsjahr 2005 eine Nebenkostennachzahlung gem. Abrechnung von Oktober 2006 i.H.v. 1.247 €.
Die der Nebenkostenabrechnung beigefügte Einzelabrechnung der Ista weist für die Beklagte unter Ziffer 1 Heiz- und Warmwasserkosten i.H.v. 1.722 € und unter Ziffer 2 als „Hausnebenkosten“ Kosten für Abwasser und Kaltwasser i.H.v. 550 € aus; hieraus ergeben sich Gesamtkosten von 2.272 €. Die übrigen Betriebskosten (Hauswart, Grundsteuer, Versicherungen, Müllabfuhr usw.) sind in der Nebenkostenabrechnung gesondert abgerechnet. Der danach von der Beklagten zu tragende Anteil beläuft sich auf 661 €; da Vorauszahlungen i.H.v. 865 € berücksichtigt sind, endet die Abrechnung dieser Betriebskosten mit einem Guthaben der Beklagten von 204 €.
Bzgl. der Heiz- und Wasserkosten hat der Kläger den in der Ista-Abrechnung für die Beklagte ausgewiesenen Betrag von 2.272 € übernommen und hiervon Vorauszahlungen i.H.v. 821 € sowie das Guthaben von 204 € aus der Abrechnung der übrigen Betriebskosten abgesetzt, so dass sich ein Saldo von 1.247 € ergibt. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung dieser Summe nebst Zinsen in Anspruch.
AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann der Anspruch des Klägers auf Nachzahlung von Nebenkosten i.H.v. 1.247 € nicht verneint werden. Das LG verkennt, dass inhaltliche Mängel der Abrechnung (zu Unrecht angesetzte Kosten, Fehler bei den Vorauszahlungen) die Nachvollziehbarkeit der Rechnungslegung nicht beeinträchtigen, und überspannt damit die (formellen) Anforderungen an die Abrechnung.
Zu Unrecht hält das LG die Abrechnung des Klägers schon deshalb für – insgesamt – unwirksam, weil sie auch Kosten enthält, die wegen einer im Mietvertrag insoweit vereinbarten Pauschale nicht abzurechnen waren. Die Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt, stellt nach der Rechtsprechung des Senats (nur) einen inhaltlichen Fehler dar. Das Gleiche gilt für den ähnlich gelagerten Fall, dass die Abrechnung – wie hier – Betriebskosten enthält, für die eine Pauschale vereinbart ist.
Entgegen der Auffassung des LG ist eine andere Beurteilung nicht deshalb geboten, weil die – nicht abzurechnenden – Kalt- und Abwasserkosten in der Heiz- und Wasserkostenabrechnung der Ista enthalten sind und die Abrechnung deshalb für einen durchschnittlichen Mieter nicht mehr nachvollziehbar wäre. Der Mieter kann anhand des Mietvertrags überprüfen, ob die ihm in Rechnung gestellten Betriebskosten nach den vertraglichen Vereinbarungen abrechenbar sind.
Zu Unrecht geht das LG ferner davon aus, dass die Abrechnung des Klägers auch bezüglich der Heiz- und Warmwasserkosten unwirksam sei, weil er vertragswidrig weitere Kosten abgerechnet habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führen (formelle) Mängel, die nur einzelne Kostenpositionen betreffen, nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Abrechnung, wenn diese Positionen unschwer aus der Abrechnung herausgerechnet werden können. Das Gleiche gilt für inhaltliche Mängel. Rechnet der Vermieter Kosten ab, für die eine Pauschale vereinbart ist, bleiben diese im Falle fristgemäßer Einwendung des Mieters unberücksichtigt; eine etwaige Nachforderung des Vermieters, die sich aus den übrigen Positionen ergibt, bleibt davon unberührt.
Ebenfalls von Rechtsirrtum beeinflusst ist die Auffassung des LG, dass die Abrechnung des Klägers nicht nachvollziehbar und deshalb aus formellen Gründen unwirksam sei, weil angesichts der im Mietvertrag von August 1995 vereinbarten Vorauszahlung auf die Heiz- und Warmwasserkosten (51,13 €) sowie der darin vorgesehenen Pauschale auf die Nebenkosten (20,45 €) nicht erkennbar wäre, wie sich die in der Abrechnung angesetzten Vorauszahlungen von 865 € und 821 € errechneten. Auf eine „Nachvollziehbarkeit“ in dem vom LG erwogenen Sinne kommt es nicht an. Etwaige Fehler – zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen, Ansatz der Soll- statt der Ist-Vorauszahlungen – stellen (nur) materielle Fehler dar und führen deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen.