Verstecktes Bargeld in Mietwohnung ist keine Fundsache

Das AG München kam zu dem Ergebnis, dass eine Mieterin hinter einer Steckdosenattrappe entdecktes Bargeld von 80.000 Euro nicht behalten darf.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin bewohnte im Jahr 2016 seit kurzem die von ihr angemietete Wohnung, in der u.a. zuvor von Mitte 2007 bis zu seinem Tod in nämlicher Wohnung zwischen dem 15.05.2010 09:30h und 17.05.2010 14:00h der zuletzt 69jährige Vormieter gewohnt hatte. Am 01.12.2016 kam ein Elektriker zur Kontrolle verschiedener elektrischer Einrichtungen in die Wohnung der Klägerin, der auf ihren Wunsch auch eine defekte Steckdose überprüfen sollte. Gemeinsam lösten der Elektriker und die Klägerin die Schutzvorrichtung dieser Steckdose, hinter der in einem Hohlraum knapp 80.000 Euro in Euro- und Dollarnoten versteckt waren. Diesen Geldbetrag übergaben die Klägerin und der Elektriker der Polizei. Die Polizei übergab in der Folgezeit die Banknoten dem Fundbüro der Stadt München. Das Fundbüro war der Ansicht, der Fundbetrag gehöre in den Nachlass des verstorbenen Vormieters, für den durch das Amtsgericht eine Nachlasspflegerin bestellt worden war und übergab ihr das Geld. Eine Auseinandersetzung des Nachlasses fand noch nicht statt, da die Erbenermittlung noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Die Klägerin behauptet, es seien nicht sämtliche ehemaligen Mieter ausfindig gemacht worden, so dass nicht festgestellt werden konnte, wer genau die Banknoten in der Steckdose versteckt hat. Sie meint, es läge ein Eigentumserwerb gemäß § 973 BGB vor, demzufolge der Finder nach sechs Monaten das Eigentum an der von ihm gefundenen Sache erhalte. Die Beklagtenpartei behauptet, der Verstorbene hätte die Banknoten zu Lebzeiten dort versteckt. Dessen Verwandte hätten die Wohnung nach seinem Tod erfolglos nach den Banknoten durchsucht. Auch das Fundbüro sei wegen des Behälters, in dem sich das Geld befand und auf dem sich passende Datumsangaben fanden, zu dem Schluss gekommen, dass es sich um Geld des Verstorbenen gehandelt habe. Das Eigentum und der Besitz an den Banknoten sei nach Gesetz auf dessen Erben übergegangen. Es handele sich um verstecktes Geld und nicht um verloren gegangenes, so dass die Fundvorschriften nicht anwendbar seien.

Das AG München wies durch Urteil vom 04.12.2020 die Klage der früheren Mieterin gegen die noch unbekannten Erben eines Vormieters, vertreten durch die Nachlasspflegerin, auf Herausgabe eines Teilbetrages von 1.500 Euro von dem in der Wohnung gefundenen Bargeld ab.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München begründet ihr Urteil u.a. so:
„Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin als alleinige Finderin der Banknoten anzusehen wäre, hat die Klägerin jedenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass es sich bei den Banknoten um verlorene Sachen im Sinne des § 965 BGB handelt und somit die Fundvorschriften Anwendung finden. Macht der Finder Ansprüche geltend, obliegt es diesem zu beweisen, dass es sich um eine Fundsache handelt. Verloren sind nur Sachen, die nach Besitzrecht besitzlos sind. Besitzlosigkeit setzt Besitzverlust voraus. Ausschlaggebend hierfür ist regelmäßig, dass die tatsächliche Gewalt über eine Sache nicht mehr ausgeübt werden kann. Ein Besitzverlust ist indes nicht anzunehmen, wenn die Sache sich im eigenen Herrschaftsbereich befindet und der Besitzer nur ihren genauen Ort nicht kennt. Die Banknoten wurden vorliegend in einer Steckdose gefunden. Es ist somit davon auszugehen, dass einer der Vormieter der Klägerin diese in seinem damaligen Herrschaftsbereich versteckte. Eine Besitzaufgabe ist darin nicht zu sehen. Erst wenn auch der Besitz am Herrschaftsbereich aufgegeben wird, endet auch der Besitz an „verlegten Sachen“. Dies könnte etwa bei einem Auszug aus der Wohnung bei gleichzeitigem Zurücklassen des Geldbetrages anzunehmen sein. Nach dem Beklagtenvortrag sei jedoch ursprünglich Herr (…) Eigentümer der Banknoten gewesen, der diese zu Lebzeiten in der Steckdose versteckt habe und später in der Wohnung verstarb. Eine Besitzaufgabe wäre in diesem Falle nicht anzunehmen. Gemäß § 857 BGB geht die Besitzstellung so, wie sie zu Zeit des Erbfalls bestand, auf den Erben über. Bei dem Erbenbesitz handelt es sich um einen von tatsächlicher Sachherrschaft und (geäußertem) Besitzwillen losgelösten besonderen Besitztatbestand, der die Rechtswirkungen des Besitzes dem Erben zuordnet. Der Erbe tritt danach unmittelbar in die besitzrechtliche Stellung des Erblassers ein. Dabei soll die Vorschrift gerade dem Umstand Rechnung tragen, dass ein Erbe im Zeitpunkt des Erbfalls regelmäßig weder die tatsächliche Gewalt über die Sache innehat noch einen Beherrschungswillen bilden konnte. Der Beweis, dass es sich um eine Fundsache handelt, ist somit nicht erbracht. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, warum Herr (…) nicht Eigentümer der Banknoten gewesen sein kann. Anhaltspunkte dafür, dass ein anderer Vormieter der Klägerin die Banknoten versteckte, wurden nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt.“
Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. 9/2021 v. 05.03.2021

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