LG Coburg v. 3.5.2019 – 15 O 639/18
Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung eines Mietvertrages
Die Klage einer zu Unrecht gekündigten Mieterin auf Ersatz des durch die Anmietung und Renovierung von Ersatzräumlichkeiten entstandenen Schadens hatte vor dem LG Coburg überwiegend Erfolg. Vor allem wegen der vorsätzlich erfolgten unwirksamen Kündigung schied ein Mitverschulden der gewerblich tätigen Mieterin aus.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt mit zwei angestellten Mitarbeitern eine Kinderbetreuung. Hierzu hatte sie vom Beklagten im Jahr 2015 für insgesamt 10 Jahre Räume angemietet. Die notwendigen Renovierungsarbeiten führte die Klägerin in Eigenregie durch und investierte insgesamt 15.000 €, die durch ein Darlehen finanziert wurden. Die Parteien hatten vereinbart, dass dieser Investitionsbetrag an die Klägerin über eine von 300 € auf 175 € reduzierte monatliche Miete zurückfließen sollte. Im Jahr 2018 kündigte der Beklagte den Mietvertrag wegen eines Verkaufs der betroffenen Immobilie. Daraufhin mietete die Klägerin zu einem monatlichen Mietzins von 600 € Ersatzräumlichkeiten an, die wiederum für mehr als 20.000 € renoviert werden mussten. Weil die Kündigung des Beklagten unwirksam war, forderte die Klägerin Ersatz des ihr entstandenen Schadens, u. a. wegen des höheren Mietzinses und der in die neuen Räume investierten Renovierungskosten.
Der Beklagte meinte, die Klägerin habe die Unwirksamkeit der Kündigung erkennen und sich vor Anmietung der Ersatzräume auch rechtlich beraten lassen müssen. Ein Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin deshalb nicht zu.
Das LG gab der Klage weitestgehend statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Die ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Wegen des zeitlich auf 10 Jahre befristeten Mietvertrages kam eine ordentliche Kündigung schon von vornherein nicht in Betracht. Für eine außerordentliche Kündigung lag kein wichtiger Grund vor. Der Verkauf des Mietobjekts genügt dafür jedenfalls nicht. Der Beklagte hatte in der Verhandlung außerdem zugegeben, von Anfang an gewusst zu haben, dass die Kündigung unwirksam war. Er ist deshalb der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet.
Die Voraussetzungen für ein Mitverschulden Klägerin sind nicht gegeben. Die Unwirksamkeit der erfolgten Kündigung lag für die Klägerin nicht erkennbar auf der Hand. Auch der im Gesetz verankerte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ ist nicht allgemein bekannt. Vielmehr durfte die Klägerin, der auch von anderen Mietern des betroffenen Objekts der geplante Abriss und nachfolgend geplante Hotelneubau bestätigt worden waren, von der Wirksamkeit der Kündigung ausgehen. Gerade auch wegen der Auflagen des Jugendamtes für die von der Klägerin betriebene Kinderbetreuung durfte diese nach der Kündigung sogleich mit der Suche nach geeigneten Ersatzräumlichkeiten beginnen und diese anmieten. Vor allem weil der Beklagte den Mietvertrag gekündigt hatte, obwohl er sich der Unwirksamkeit der Kündigung bewusst war, kam ein Mitverschulden der Klägerin am erlittenen Schaden nicht in Betracht.
+++ Hinweis +++
Die vom Beklagten gegen das Urteil geführte Berufung blieb ohne Erfolg. Über ein gegen die Berufungsentscheidung des OLG Bamberg eingelegtes Rechtsmittel hat der BGH noch nicht entschieden.
Quelle: LG Coburg PM vom 30.4.2020