BGH 17.11.2010, VIII ZR 90/10
Zur Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnungen in von Vermietern selbst bewohnten Gebäuden
Die Tatsache der Existenz von drei Wohnungen in einem Wohnhaus ändert sich nicht dadurch, dass die im Keller befindlichen Räume in einer Einliegerwohnung in den Wohnbereich des Vermieters eingegliedert werden und von ihm als zusätzliche Räume genutzt werden. Insofern hat der BGH die Voraussetzungen der Kündigung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude präzisiert.
Die Kündigung der Klägerin gegenüber den Beklagten war unwirksam, da die Voraussetzungen des § 573a Abs. 1 BGB nicht vorlagen.
Für die Beurteilung, ob in einem Gebäude mehr als zwei Wohnungen vorhanden sind, ist die Verkehrsanschauung maßgebend. Unter einer Wohnung wird gemeinhin ein selbständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich verstanden, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht. Nach den Feststellungen des LG erfüllen die Räumlichkeiten im Keller des Wohnhauses der Klägerin diese Anforderungen, da sie neben einem 42 qm großen Wohn-/Schlafraum über eine Küchenzeile und ein Tageslichtbad mit Toilette verfügen.
Auch die Integration der im Keller befindlichen Räume in den Wohnbereich der Klägerin seit dem Erwerb des Hauses änderte nichts an der Existenz von drei Wohnungen. Denn durch die Erweiterung des Wohnbereichs hatte sich der einmal gegebene Wohnungsbestand nicht reduziert. Zu Unrecht hatte sich das Berufungsgericht allerdings auf das Senatsurteil vom 25.6. 2008 (Az.: VIII ZR 307/07) gestützt. Denn die in dieser Entscheidung gebilligte tatrichterliche Beurteilung, die Aufteilung einander ergänzender Räume auf zwei Stockwerke hindere nicht die Annahme einer (einzigen) Wohnung, beruhte auf anderen tatsächlichen Gegebenheiten. Die betreffenden Räume im Dachgeschoss jenes Gebäudes stellten – anders als die Einliegerwohnung im Haus der Klägerin – keine eigenständige Wohnung dar.
Da die Einliegerwohnung vom Einzug der Beklagten bis zum Ausspruch der Kündigung eine eigenständige Wohnung war, waren die Voraussetzungen einer erleichterten Kündigung nach § 573a Abs. 1 BGB zu keiner Zeit erfüllt. Daher bedurfte die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage, ob es hinsichtlich des Wohnungsbestandes auf den Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses oder den Zeitpunkt der Kündigung ankommt, keiner Entscheidung.